Unser schönes Universum, so majestätisch, so… ewig und unveränderlich? Als Albert Einstein zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Allgemeine Relativitätstheorie auf das gesamte Universum anwendete, gefiel ihm das Ergebnis ganz und gar nicht: Denn seine Theorie sagte ihm, dass das Universum entweder expandiert oder kollabiert, kurzum, dass es dynamisch sei. Das passte Einstein ganz und gar nicht – denn er lebte zu einer Zeit, als das Universum nur aus einer einzigen Galaxie, nämlich unserer Milchstraße, bestand und dazu noch statisch war. Das heißt: Das Universum verändert sich nicht. Es wird weder größer noch kleiner, es hat es schon immer gegeben und es wird es immer geben.
Wie ist unser Universum entstanden? Albert Einsteins Antwort darauf lautete zunächst: gar nicht.
In dieser Folge von AstroGeo erzählt Franzi die Geschichte vom Anfang des Anfangs: Ein belgischer Priester und Physiker namens Georges Lemaître fand als Erster heraus, dass sich das Universum ausdehnt – und ist von dieser Expansion des Universums zu seinem Anfang gelangt, den wir heute Urknall nennen.
Weiterhören bei Astrogeo
- Folge 85: Böse Doppelgänger aus der Parallelwelt: Die Physik des Multiversums
- Folge 77: Asteroseismologie: Schwingende Sterne und innere Geheimnisse
- Folge 63: Sterne verstehen mit Lochkarten
Weiterführende Links
- WP: Albert Einstein
- WP: Relativitätstheorie
- WP: Einsteinsche Feldgleichungen
- WP: Kosmologie
- WP: Isaac Newton
- WP: Vesto Slipher
- WP: Edwin Hubble
- WP: Henrietta Swan Leavitt
- WP: Cepheiden
- WP: Perioden-Leuchtkraft-Beziehung
- WP: Georges Lemaître
- WP: Urknall
- Empfehlung: Podcast Unboxed – Storys ans Licht gebracht
Quellen
- Fachartikel: Einstein’s conversion from his static to an expanding universe (2013)
- New York Times: Even Einstein had his off days (2005)
- Fachartikel: The Contribution of V. M. Slipher to the Discovery of the Expanding Universe (2013)
- Fachartikel: Lemaître – A Personal Profile (2013)
- Fachartikel: Dismantling Hubble’s Legacy? (2013)
- Fachartikel: Hubble Law or Hubble-Lemaître Law? The IAU Resolution (2018)
- IAU Pressemitteilung: IAU members vote to recommend renaming the Hubble law as the Hubble–Lemaître law (2018)
- Fachartikel: The Beginning of the World from the Point of View of Quantum Theory (1931)
- Fachartikel: A homogeneous universe of constant mass and increasing radius accounting for the radial velocity of extra-galactic nebulae (1931)
Episodenbild: ESA/Robert Gendler
Die Geschichte um Le Maitre ist super spannend und die bewusstseinsphilosophische Frage um das Zulassen des Gedankens an einen Anfang mega interessant. Fürs Geplänkel – oder vllt ja auch für eine der Fortführungen – würde ich mich freuen, wenn noch etwas mehr auf die Bestimmung der Entfernung von Sternen bzw. Lichtquellen allgemein eingegangen würde. Das verstehe ich in den herkömmlichen Darstellungen im gemeinen Internet nämlich immer nicht 🙁
Ich gebe das an eine Astrophysikerin meines Vertrauens weiter!
Hallo! Danke für die interessanten Geschichten.
Ob Hubble tatsächlich die Entdeckung zukommt, dass die Nebel nicht in der Milchstraße liegen bin ich mir nicht so sicher. Soweit ich weiß, hat er dank des damals größten Teleskops der Welt Cepheiden nicht nur in der Andromeda Galaxie, sondern auch in weiter entfernten Galaxien entdeckt und vermessen und damit die Entfernungen zu diesen bestimmt, was dann mit den Radialgeschwindigkeiten Sliphers zur Entdeckung der linearen Abhängigkeit zwischen diesen führte, wie ihr erzählt habt.
Die Distanzen zu anderen Galaxien der lokalen Gruppe sind aber schon früher bestimmt worden.
Im Jahre 1922 hat E. Öpik bereits mit einer anderen Methode die Entfernung zu Andromeda gemessen, näher am heutigen Wert als Hubble. Und er zitiert in seiner Arbeit “An estimate of the distance of the Andromeda nebula”, andere frühere Messungen. Die frühsten von 1917 von Shapley und von Curtis. Die beiden haben sich dann später die Große Debatte geliefert, weil Shapley die Größe der Milchstraße anhand der Kugelsternhaufen überschätzt hat, da er nichts von deren geringen Metallizität wusste, während Curtis die Größe der Milchstraße unterschätzte, mangels Beachtung der Extinktion.
Schon 1913 hatte Hertzsprung die im Jahr zuvor von Leavitt gefundene Cepheiden-Beziehung kalibriert und damit die Entfernung zu kleinen Magellanischen Wolke bestimmt. Eigentlich zu 11.4 kpc also 37000 Lichtjahren. Aber leider hat er sich im letzten Schritt beim umrechnen in Lichtjahre offenbar verrechnet und statt mit 3.26 zu multiplizieren, dividiert! Und kam im Endergebnis auf nur 3000 Lichtjahre, was seine Vermutung, dass sie sich außerhalb der Milchstraße befindet nicht so überzeugend machte. Siehe “Über die räumliche Verteilung der Veränderlichen vom Delta Cephei Typus in den Astronomischen Nachrichten von 1913.
Die Entfernungen zu anderen Galaxien sind also schon vor Hubble gemessen worden.
Und dann gibt es noch “On the Construction of the Heavens” by William Herschel von 1785!
Dort will er die Größe der Milchstraße und die Entfernung zum Andromeda Nebel bestimmt haben, und dass Andromeda der Nächste der Spiralnebel ist aber doch außerhalb der Milchstraße liegt. 1785! Das war noch vor Bessel mit der ersten Parallaxe. Er gibt die Entfernung in Siriusentferungen an und kommt auf 500 für die Größe der Milchstraße und auf 2000 für die Entfernung von Andromeda. Ok, Faktor 100 zu wenig, aber 1785. Wie er das gemacht hat, habe ich noch nicht verstanden, ist auch sehr längliche Prosa.
Vermutlich hat er angenommen, dass alle Sterne gleich hell sind und Sirus der Stern, der am nächsten zur Sonne ist. Unter der gleichen, sehr ungenauen Annahme, hatte bereits Huygens die Entfernung zu Sirius auf knapp 30000 AE geschätzt, damit hätte man erstmal eine, wenn auch zu kleine extragalaktisch Entfernung gemessen. Photometrisch, vermutlich, würde man heute sagen. Und das 1785. Ich muss mal die ganze Arbeit von Herschel lesen, vielleicht bekomme ich dann raus, was er genau gemacht hat, oder ob er nur glücklich geraten hat. Oder wisst ihr schon mehr?
Super-Ergänzungen, danke!
Dass der Urknall leise gewesen sei, wie zweimal im Podcast insinuiert wird, halte ich für ein Gerücht. Man mag vielleicht auf eine solche Idee kommen, wenn man nur an elektromagnetische Wechselwirkungen denkt und ansonsten glaubt, dass Schall sich im Universum wegen der geringen mittleren Dichte nicht fortpflanzen kann. Aber in der ersten Sekunde nach dem Urknall war die Dichte überall größer als etwa 10⁶ g/cm³, und das kosmische Substrat durchaus fähig, Schallwellen zu transportieren. Dichtefluktuationen gab es aufgrund der Quantenmechanik und die sollten begonnen haben, sich per Druck- und Dichteoszillationen auszugleichen (im Wettlauf mit der kontinuierlichen Ausdehnung). Druck- und Dichteoszillationen sind aber Schallwellen! Tatsächlich sucht und findet man die Signatur dieser „baryonischen akustischen Oszillationen“ im kosmischen Mikrowellenhintergrund.
Angesichts der enormen Dichten und Drücke, die umso größer waren, je näher am Urknall sich die Materie/Energie befand, würde ich sagen, dass rein akustisch eher ein Höllenlärm vorlag als dass es „leise“ war. Allerdings gab es hinreichend nahe am Anfang wohl nicht genügend niedrige Frequenzen, dass ein menschliches Ohr etwas wahrgenommen hätte — aber menschliche Organe hätten unter den vorliegenden Bedingungen ohnehin keine Existenzmöglichkeit gehabt. Auch die Frequenzen elektromagnetischer Wellen waren hinreichend nahe am Urknall zu hoch, als dass ein menschliches Auge sie hätte wahrnehmen können. Solange man Leuchtkraft nur an der Wahrnehmbarkeit festmacht, müsste man also auch behaupten, der Urknall wäre nicht besonders hell gewesen.
Wenn man jedoch unter Lautstärke einfach Schallintensität versteht, dann war der Urknall nicht nur eine sehr helle sondern auch eine sehr laute Angelegenheit.
Das hast du sehr schön erklärt. Wir werden das im nächsten Geplänkel aufnehmen.
Ich habe euren Podcast erst „vor kurzem“ entdeckt und bin fasziniert!
Mein Freund hat Physik studiert, zwar im Bereich der Lasertechnik, jedoch kennt er natürlich unglaublich viel Grundwissen… Und auch wenn ich es liebe, wenn er mir grundlegendes erklärt, da mein Interesse auch vorhanden ist, habe ich manchmal den Drang dazu, ein wenig mitreden zu können. Und euer Podcast hat das für mich möglich gemacht! Ich habe viel dazu gelernt und freue mich schon auf die nächsten Folgen!
Weiter so!