Astronomie
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Ein neuer Stern – die bevorstehende Nova in der Nördlichen Krone

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Franziska Konitzer
Autorin
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Karl Urban
Moderator

Im Februar 1946 verpasst der Amateurastronom Leslie Peltier die Gelegenheit seines Lebens: Im Sternbild Nördliche Krone ereignet sich ein regelmäßiges, aber seltenes astronomisches Ereignis, auf das er bereits Jahrzehnte gewartet hatte: Es erscheint für wenige Stunden ein neuer Stern – ein Lichtpunkt, der mit bloßem Auge sichtbar ist und der vorher nicht da zu sein schien.

Franzi erzählt in dieser Folge vom Phänomen solcher Stellae Novae, kurz Novae. Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich aber gar nicht um neue Sterne, sondern lediglich um das kurzzeitige Aufleuchten eines alten Weißen Zwergs in einer gewaltigen Wasserstoffexplosion. Obwohl Astronominnen und Astronomen den Prozess heute grob verstanden haben, sind noch viele Fragen um die Nova offen. Da passt es ganz gut, dass derzeit der fragliche Stern im Sternbild Nördliche Krone kurz vor dem nächsten Ausbruch steht.

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Quellen

Episodenbild: ESO/L. Calçada/M.Kornmesser

6 Kommentare

  1. Also, was die Aussprache des Namens Peltier angeht: der ist ja offensichtlich französischen Ursprungs; Amerikaner und Engländer tendieren dazu, die Aussprache von Wörtern, die ohne Veränderung der Schreibweise aus dem Französischen übernommen werden, mit zu übernehmen, wobei das mit gewissen Lauten natürlich nicht gelingt, für die ihre Sprachwerkzeuge nicht geübt sind. Beispiel fiancé(e), das Wort für Verlobte(r), das im Prinzip im Englischen gleich ausgesprochen wird wie im Französischen, nur dass Engländer das nasale „n“ natürlich nicht reproduzieren. Also nahm ich an, dass das „tier“ in Peltier so ausgesprochen wird wie in „charpentier“ und nicht wie in dem englischen Wort „frontier“. Außerdem kenne ich den Namen noch vom Peltier-Effekt, auch wenn der nicht von Leslie Peltier kommt. Aber letzterer ist berühmt genug, dass ihm YouTube-Videos gewidmet sind, und da kann man leicht hören, wie sein Name auszusprechen ist (pel-tjee).

    Eine Frage hat mich während eines Großteils des Videos beschäftigt und wurde dann so halb im Quiz beantwortet, aber es wäre interessant, dazu mehr zu hören. Das war, ob diese Nova-Ereignisse denn periodisch auftreten. Offensichtlich steckt hinter der Erwartung, dass das konkrete besprochene System ungefähr alle 80 Jahre ein Nova-Event aufweist, die Vorstellung von regelmäßigem Auftreten (wie etwa die Wiederkehr eines Kometen). Im Quiz antwortete Karl auf die Frage, was eine Nova sei, dass es sich um ein Doppelsternsystem mit einem weißen Zwerg als Partner handele, in dem „in regelmäßigen Abständen Wasserstoffexplosionen“ aufträten, worauf Franziska nach Anerkennung der Antwort als richtig hinzufügte, dass die Explosionsereignisse nicht regelmäßig sein müssten. Das entsprach auch meiner Vorstellung, denn Periodizität würde ja ein hohes Maß an zeitlicher Stabilität einiger Aspekte erfordern.
    Zum einen müsste die Akkretionsscheibe eine zeitlich konstante Massendepositionsrate auf den weißen Zwerg besitzen. Während des Aufflackerns der Wasserstofffusion wird aber die Akkretionsscheibe auseinandergeblasen. Sie muss sich also nach Erlöschen der Explosion wieder aufbauen und mit der gleichen charakteristischen Materialabgaberate wie zuvor. Das sollte im Wesentlichen vom (annähernd gleich bleibenden?) Abstand der beiden Sterne abhängen und davon, ob der große Begleiter eine über mehrere Zyklen konstante Hülle hat. Ein anderer Aspekt lässt sich in der Frage erkennen, ob die Wasserstoffexplosion genau soviel Material vom weißen Zwerg wegschleudert, wie in der inaktiven Zeit davor auf ihn heruntergeregnet ist. Wird mehr Material emittiert, so nimmt die Masse des weißen Zwergs ab und es wird wahrscheinlich länger bis zum nächsten Nova-Event dauern. Wird nur ein Teil emittiert, so nimmt die Masse des weißen Zwergs zu und das nächste Event könnte früher kommen und heftiger sein, was wiederum einen massenstabilisierenden Effekt bedeuten würde. Die Masse des weißen Zwergs könnte aber auch von Event zu Event größer werden und dann käme er irgendwann der Chandrasekhar-Grenze zu nahe. Interessanterweise hat bei T Coronae Borealis der weiße Zwerg 1.37 Sommenmassen, was nicht weit von der Chandrasekhar-Grenze von 1.45 Sonnenmassen (für Sterne, die hauptsächlich aus Kohlenstoff und Sauerstoff bestehen) entfernt ist.
    Dass der Fall, in dem eine solcher kataklysmisch veränderlicher Stern zur Typ-Ia-Supernova wird, keine Wasserstoffexplosion mehr ist, hätte hervorgehoben werden können. Während die Wasserstoffexplosionen in der dünnen Sternhülle getriggert werden müssen (so ein weißer Zwerg besteht in der Regel überwiegend aus Kohlenstoff und Sauerstoff, seinen Wasserstoffvorrat und sein Helium hat er ja in zwei Fusionsepochen vorher weitgehend verbraucht), in der das herabprasselnde Akkretionsmaterial den Druck und die Temperatur hinreichend erhöht, um nochmal Kernfusion zu zünden, passiert bei Überschreiten der Grenzmasse etwas anderes.
    Der weiße Zwerg kann ja der Gravitation, unter der er zusammengezogen wird, nur durch den Druck seines entarteten Elektronengases widerstehen. Das heißt, die Elektronen sind nicht an individuelle Atome gebunden, sondern bewegen sich frei zwischen den Atomen (wie auch die Elektronen in einem Metall) und halten den Druck dank des paulischen Ausschließungsprinzips aufrecht, d.h. keine zwei Elektronen dürfen im selben Quantenzustand sein, was die Massendichte nach oben begrenzt. Diese Materie ist deutlich dichter gepackt als unsere Alltagsmaterie, ein Teelöffel hat die Masse eines Elefanten, aber ihre Dichte liegt noch weit unter der von Kernmaterie, die nur aus Nukleonen besteht und von der ein Teelöffel soviel Masse hat wie hundert Millionen Elefanten… Beim Überschreiten der Chandrasekhar-Masse „brechen die Elektronen zusammen“, was heißt, dass sie sich schnellstmöglich ein Proton suchen, mit dem sie ein Neutron bilden. Die Neutronen können viel dichter zusammenrücken als Elektronen und produzieren im Prinzip einen höheren Entartungsdruck, der einen Stern mit größerer Masse und kleinerem Radius stabilisieren könnte als das Elektronengas (einen Neutronenstern). Aber das passiert hier nicht, denn beim Zusammenbrechen des Elektronengases unter dem hohen Gravitationsdruck heizen sich die vorhandenen Atomkerne auf und es kommt zu Kernfusion nicht nur an der Oberfläche, sondern im ganzen destabilisierten weißen Zwerg, das heißt, es verschmelzen auch Kohlenstoff- und Sauerstoffkerne. Es enstehen in kurzer Zeit eine Menge neuer Elemente, die meisten in exothermer Fusion, weil bis zum Eisen noch ein bisschen Platz im Periodensystem ist. Das gibt eine Riesenexplosion, die den weißen Zwerg vollständig zerreißt. Sein Begleiter ist danach nicht mehr an ihn gebunden und kann nun frei (was u.U. heißt, ohne seine äußere Wasserstoffhülle, die die Explosion weggeblasen hat) als „runaway“ weiter wandern.
    Übrigens tritt der von Franzi erwähnte „Helium flash“, also der Zündvorgang für das Heliumbrennen bei Entartung der Materie im Kern (d.h. die Fermienergie des Elektronengases ist höher als die thermische Energie, Dichte und Druck werden temperaturunabhängig), bei Sternen mit mehr als ca. 0.5 Sonnenmassen und bis zu 2.2 Sonnenmassen auf und führt zu riesenhafter Energieproduktion in einem Intervall von einigen Sekunden. Das nachfolgende Heliumbrennen stellt für diese Sterne die letzte Brennphase dar (für den Aufbau von genügend Druck und Temperatur, um Kohlenstoff und Sauerstoff weiter zu fusionieren, reicht die Masse nicht). Während des Heliumbrennens bläht sich ein Stern wie unsere Sonne zum roten Riesen auf. (Bei der Sonne dürfte ihr Durchmesser dann etwas weiter als bis zur Erdbahn reichen; die Erde würde also in die Gasoberfläche der Sonne eintauchen und dann dank Reibung Richtung Sonnenmittelpunkt spiralen, wobei sie allmählich — oder flott, je nach Standpunkt — gasförmige Konsistenz annehmen würde.) Bei Sternen mit mehr als 2.2 Sonnenmassen gibt es noch weitere Fusionsphasen (und Schalen im Stern, in denen diese parallel stattfinden) und das Heliumbrennen wird ohne Blitz gestartet (weil es zündet, bevor der Kern entartet).

    • Marcus Munzlinger sagt

      Ihr müsst wohl mal eine Geplänkel-Sonderfolge exklusiv zuden Kommentaren von Klaus Kassner machen!

  2. Marcus Munzlinger sagt

    Wird bei den Novae eigentlich auch Material ins Weltall geschleudert, das dann bei der Entstehung neuer Sterne & Planeten und ggf. evtl. ganz vllt. im unwahrscheinlichsten aller Fälle auch der von Leben eine Rolle spielt? Bei Supernovae und den Jets von schwarzen Löchern ist das doch so? Liebe Grüße!

  3. RolfL sagt

    Beim hören dieses Talks ist mir spontan folgende Frage eingefallen: wenn es zu dieser Zeit, also 740 Mio Jahre nach dem Urknall schon die Erde und uns Menschen gegeben hätte, was hätten wir gesehen wenn wir Nachts in den Himmel gesehen hätten, ein Bild wie wir es heute sehe oder nur eine Schwärze mit ein paar funkelnden Sternen darin?
    Ist vielleicht eine Idee für eine neue Folge des AstroGeo Podcasts??

    • Interessante Frage. Ich würde tippen, dass der Nachthimmel *heller* gewesen wäre. Der „Durchmesser“ des Universums war ca. 20-mal kleiner, die mittlere Dichte also ca. 8000-mal höher, die ersten Sterne (ab. 200 Millionen Jahre nach Urknall) hatten im Mittel 10-fache Sonnenmasse, waren also grob 10000-mal heller als die Sonne (die Leuchtkraft geht für Massen größer als die der Sonne ungefähr mit der vierten Potenz der Masse). Bei 740 Millionen Jahren hatten wir sicher schon hauptsächlich Sterne der zweiten Generation, aber auch die dürften im Mittel noch heller gewesen sein als die Sonne.

  4. Jörg Ahrens sagt

    Die Folge war super interessant, ich hab nur nicht verstanden was ihr gegen Hamburg einzuwenden habt.

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