Am 22. Juli 2014 überfliegt der europäische Satellit Cryosat den Norden Grönlands einmal, und zehn Tage später ein zweites Mal. Er vermisst dabei die Eisoberfläche – und in diesen Daten finden Forschende später etwas Erstaunliches: Der Gletscher ist in nur zehn Tagen um 85 Meter abgesunken – und das auf einer Fläche von zwei Quadratkilometern. Mitten im grönländischen Eis hat sich ein Krater gebildet. Was da genau passiert ist, bleibt für über ein Jahrzehnt ein Rätsel.
Karl erzählt in dieser Folge von der feuchten Unterlage der größten Eismassen der Erde: Gletscher bedecken knapp drei Prozent aller Kontinente. Sie beherbergen auch das größte Reservoir an Süßwasser in gefrorener Form. Immer mehr erkennen Glaziologinnen und Glaziologen, dass es tief unter dem Eis noch eine andere Welt gibt – und die ist feucht, eine Welt aus flüssigem Wasser. Dort liegen riesige Seen, Flüsse und Bäche, von denen viele miteinander verbunden sind. Dieses Wasser kann auch unter kilometerdickem Eis fließen, manchmal gemächlich und manchmal in rasantem Tempo.
Lange waren solche subglazialen Gewässer nur schwer zu untersuchen. Nach ersten Indizien auf Basis seismischer Messversuche gelang es seit den 1990er Jahren, immer mehr Seen zu entdecken, die größtenteils unter dem antarktischen Eisschild, aber auch unter den Gletschern Grönlands oder Islands zu finden sind. Der Wostoksee unter über drei Kilometern Eis der Ostantarktis gilt heute sogar als sechstgrößter See der Erde.
Welche Rolle die feuchte Unterlage der Gletscher spielt, ist bis heute eine offene Frage. Es scheint so, dass dieses subglaziale, flüssige Wasser selbst riesige Gletscher in Bewegung hält. Künftig könnte ein immer feuchterer Schmierfilm das Abschmelzen der grönländischen und antarktischen Gletscher beschleunigen – und damit beim Anstieg des Meeresspiegels kräftig nachhelfen.
Die Gefahr ist real, denn vor Kipppunkten im gar nicht so ewigen Eis warnen Klimaforscher schon lange. Vielleicht ließe sich die Gefahr aber abmildern: Denn mit immer besserem Verständnis subglazialer Wassermassen gibt es neuerdings Ideen, diese zu manipulieren.
Mehr bei AstroGeo und RiffReporter
- RiffReporter: Zwischen Schneesturm und Toiletten-Zelt: Angelika Humbert erforscht den Klimawandel in der Antarktis
- Folge 58: Überwintern am Südpol – ein Gespräch mit Robert Schwarz
- Folge 8: Shutdown – der eingefrorene Haushalt und die Folgen für die US-Polarforschung
Weiterführende Links
- WP: Wostok-Station
- WP: Wostoksee
- WP: Subglazialer See
- WP: Jökulhlaup
- WP: Kim Stanley Robinson
- Roman: Das Ministerium für die Zukunft
- WP: Thwaites-Gletscher
- WP: Geoengineering
- WP: Hurrikan Katrina
- The Great Simplification: Kim Stanley Robinson: “Climate, Fiction, and The Future”
Quellen
- Fachartikel: Siegert et al.: Antarctic subglacial lake exploration: first results and future plans, Philosophical Transactions A (2015)
- Fachartikel: Leitchenkov et al.: Geology and environments of subglacial Lake Vostok, Philosophical Transactions A (2015)
- Fachartikel: Lockley et al.: Glacier geoengineering to address sea-level rise: A geotechnical approach, Advances in Climate Change Research (2020)
- Fachartikel: Livingston et al.: Subglacial lakes and their changing role in a warming climate, Preprint (2022)
- Fachartikel: Bowling et al.: Outburst of a subglacial flood from the surface of the Greenland Ice Sheet, Nature Geoscience (2025)
- Fachartikel: Gourmelen et al.: The influence of subglacial lake discharge on Thwaites Glacier ice-shelf melting and grounding-line retreat, Nature Communications (2025)
- Fachvortrag: Wilson et al.: Antarctic Subglacial Lakes: New Active Lakes and Their Behaviour, With CryoSat-2 (2025)
Episodenbild: CC BY-SA 3.0 IGO, contains modified Copernicus Sentinel data (2024), processed by ESA

Karl, du hast gesagt, dass die 50 km^3 das 10000 fache der Erdölproduktion sei. Die Erdölproduktion ist aber 5 km^3 pro Jahr. Entweder es sind 50000 km^3 oder es ist nur das 10 fache.
Selbst wenn es funktionieren sollte, wäre es sehr teuer und würde maximal den Meeresspiegelanstieg verlangsamen. Wenn die schnell fließenden Gletscher 12% des Meeresspiegelanstiegs verursachen komplett gestoppt würden, würde der Anstieg von 88 Jahren dann 100 Jahre dauern. Viel würde es selbst im Idealfall nicht bringen.
Großstädte gehen schon heute unter.
Indonesien soll seine Hauptstadt Jakarta aufgegeben haben und baut eine neue Hauptstadt auf Borneo.
Die Ursache ist aber nur zu einem kleinen Teil der Meeresspiegelanstieg sondern das Absinken des Landes. Sie pumpen offenbar das Grundwasser so schnell ab, dass die Stadt versinkt. Drei Meter ist sie wohl schon gesunken und sinkt um 10 cm pro Jahr weiter.
Also Wasser aus dem Grund pumpen ist hier nicht die Lösung sondern das Problem.
Danke UMa, ich muss dir recht geben. Irgendwo habe ich vier Größenordnungen verloren. Mea culpa, ich werde das im nächsten Geplänkel nachbessern.
Das Thema „was es bringt“ habe ich absichtlich stark simplifiziert dargestellt und am Ende ja angedeutet, warum so ein massiver Eingriff in ein global wirksames Teilsystem unerwartete Auswirkungen haben kann. Was du ansprichst, ist ein anderer Aspekt: Ist das (Gletscher-Geoengineering) wirklich die Lösung für jenes (überflutete Küstenstädte).
Bekloppte Ideen:
Gab’s nicht mal zu Zeiten der frühen Industrialisierung die Idee (war ein schwedischer Wissenschaftler wenn ich mich richtig erinnere) aufgegebene Kohleflötze anzuzünden um mehr CO2 in die Atmosphäre zu bringen und damit die harten Winter etwas abzumildern…
Hallo, ihr beiden.
Abgesehen davon, dass ich auch diese Folge mal wieder faszinierend und hoch interessant fand, habe ich eigentlich aine Link für Franzi.
https://www.mpg.de/25334315/schwarzloch-sterne?c=2191
Du hattest mal in einer Folge Quasisterne erwähnt. Womöglich gibt es sie doch!
Liebe Grüße, Martin
Ich liebe es wie easy Franzi in dieser Folge den Klimawandel gelöst hat
Flüssiges Wasser unter dicken Eisschilden – ich interessiere mich ja auch deshalb so für Planeten und das Weltall, weil das mir ein wenig Eskapismus von den Katastrophen unserer Gegenwart ermöglicht. Daher ignoriere ich mal die problematische Relevanz dieses Themas für unser irdisches Dasein und frage Euch: Habt Ihr schon vom EELS-Project gehört? Eine riesige Roboter-Schlange mit KI soll sich durch die Spalten der Eis-Geysire des Saturnmondes Enceladus schlängeln, um dann im Ozean dieses Mondes zu schwimmen und nach Aliens zu suchen? Geiler Scheiß! https://www.jpl.nasa.gov/robotics-at-jpl/eels/
Das ist sehr cool und schreit eigentlich nach einer weiteren Folge. Danke dir!