Geowissenschaften, Vulkane
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Vulkanjahr 1783: Als die Laki-Feuer auf Island die Welt veränderten

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Karl Urban
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Franziska Konitzer
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Am 8. Juni 1783 sieht der Pfarrer Jón Steingrímsson im Süden Islands eine schwarze Wolke über seiner Gemeinde und hört ein fernes Grollen. Es ist der Beginn eines Vulkanausbruchs, der nicht weit von dem Dorf Prestbakki begonnen hat. Dieser Ausbruch wird längst nicht nur die bäuerliche Gesellschaft Islands schwer treffen. Es ist eine Katastrophe, die schon bald globale Ausmaße annimmt und die in weiten Teilen Europas und sogar in Asien zu Missernten führt.

Karl erzählt in dieser Folge, wie der naturinteressierte und sprachlich gewandte Pfarrer als Augenzeuge von den Laki-Feuern berichtet, die acht Monate lang wüten und die zu den schwersten Vulkanausbrüchen der Menschheitsgeschichte gehören. Allein in den ersten Wochen bringt die neu entstandene Vulkanspalte sechs Kubikkilometer Lava und Asche an die Oberfläche. Die Lava ergießt sich über Flusstäler in jene Ebene, in der das Dorf Prestbakki liegt. Das glutflüssige Gestein zerstört etliche Höfe. Niedergehende Asche lässt die kargen Weiden verdorren, Tiere durch toxisches Regenwasser zugrunde gehen und führt zu einer mehrjährigen Hungersnot, bei der ein Fünftel der Isländer ums Leben kommt.

Aber die Ausmaße der Katastrophe reichen viel weiter: Asche und schwefelhaltige Gase gelangen durch Dampfexplosionen in große Höhen bis in die Stratosphäre, wo sie durch Westwinde binnen weniger Stunden nach Europa gelangt. Hier leiten sie ein Jahr mit schweren Wetterkapriolen ein: Trockener vulkanischer Dampf blockt die Sonnenstrahlung ab, führt zu einer Dürre oder saurem Regen und zu Atembeschwerden bei vielen Menschen.

Bei allem Elend von 1783 geht es auch um das Island von heute, wo Vulkanausbrüche zum Alltag gehören. Karl erzählt von seiner Recherchereise in den Südwesten der Insel, wo sich in den letzten vier Jahren ebenfalls große Lavamengen ergossen – allerdings ohne große Rauch- oder Ascheemissionen. Es geht um die modernen Schutzwälle gegen die Lava, um Touristen-Erruptionen – und darum, welche Auswirkungen ein Laki-Feuer in heutiger Zeit hätte.

Korrektur: Im Podcast heißt es, 1783 sei in Europa ein Jahr ohne Sommer gewesen. Das ist nicht korrekt: Der Sommer war ungewöhnlich heiß und trocken, der folgende Winter dagegen ungewöhnlich kalt.

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Weiterführende Links

Quellen

Episodenbild: Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull im Jahr 2010; Quelle CC-BY-SA 1.0 David Karnå

9 Kommentare

  1. Hallo, guter Podcast, danke dafür.
    Zur Sendung Vulkanjahr 1783:
    Gutes Storytelling,
    Kleine Nachfrage /Kommentar:
    1.) Man kann über die mehrere kilometerlange erstarrte Lava des Laki Ausbruch wandern. Eine breite + lange, erst abschüssige dann flache Fläche von der man den Eindruck hat das sie überwiegend der Gravitation gefolgt ist (Genau wie damals beschrieben). 1973 haben die Fischer der im Süden Islands vorgelagerten Insel Heimaey nur mit Wasser erfolgreich ihren Hafen (ihre Lebensgrundlage) gerettet. ==> Natürlich muss die Verwaltung der Region /von Island versuchen den aktuellen Schaden zu begrenzen. Wir sollten alle froh sen zu sehen was Island probiert … und bestimmt auch mal in papers veröffentlicht. Das ist nicht nur für Länder wie Japan /Indonesien … den ganzen paz. Feuerring interessant. Auch spart es ggf. deutsche Entwicklungshilfegelder an der falschen Stelle.
    2.) Quantifizierung Schwefelverbindungen des Laki-Ausbruchs: Hast Du bei den dtsch. Kohlekraftwerken die heutigen Realemmisionen genommen, … also nach Rauchgasentschwefelung? Dann macht der Vgl. wenig Sinn. Vielleicht besser den dtsch Status von 1975 nehmen (Zeit des Walddsterbens …..). Noch mehr würde mich der Vgl. mit dem Pinatubo interessieren. Da weiss man ja wie er sich auf die globale Temperatur ausgewirkt hat.
    Trotz des langen Textes: Danke für diese Sendung. 8-))

    • Hallo Hardy,

      zu deiner Frage: Die Aussage zu den Schwefelemissionen beziehen sich auf reale Emissionen in die Atmosphäre. Das ist das Zitat aus Schmidt et al. 2011 (in den Quellen):

      The Laki flood lava eruption emitted approximately 122 Tg of SO 2 over the course of 8 mo, comparable to global anthropogenic SO 2 emissions of approximately 115 Tg during the year 2005.

      Ist nicht ganz heute, aber es ging mir um die Größenordnung. Ich habe das jetzt mal aktualisiert: Laut Ourworldindata sind es aktuell noch 73 Tg, d.h. die Laki-Eruption hat dann sogar fast das doppelte der heutigen jährlichen SO2-Emissionen ausgestoßen.

      Zur Frage, wie viel andere Regionen von Island lernen können: Am pazifischen Feuerring gibt es viele Vulkane, die anders als in Island sehr SiO2-reiche Magma haben. Die neigen daher nicht zu Lavaströmen sondern Explosionen noch im Schlot. Lernen könnten Regionen mit basaltischer (SiO2-armer) Lava wie auf Island, das wären Hawaii und andere Hot Spots wie La Réunion.

  2. Julia sagt

    Wieder eine superschön erzählte, spannende Folge! Danke! Ich habe einiges gelernt, obwohl ich ein Jahr Geowissenschaften in Island studiert habe…

    Noch eine Anmerkung zu Katla, weil der Vulkan ebenfalls zur Sprache kam: In der isländischen Sagenwelt ist Katla eine sehr mächtige Hexe. Sie hat eine Hose, mit der man sehr schnell laufen kann. Eines Tages nahm sich ein Hirte, der im Hochland Katlas Schafe hütete und die Herde verloren hatte, die Hose, um die Schafe wieder einzufangen. Als er zurückkam, war Katla allerdings nicht dankbar für die eingefangenen Schafe, sondern wütend auf den Hosendieb, den sie daraufhin in einem Fass Skyr ertränkte. Daraufhin floh Katla in den nächsten Berg, den Vulkan Katla, und löste damit einen Gletscherlauf aus.

    Und noch eine Anmerkung zum mehrfachen Hören von Folgen: Das mache ich auch öfter. Manchmal bin ich stellenweise kurz abgelenkt und verpasse ein Detail, außerdem sind die Geschichten und Zusammenhänge manchmal so komplex, dass nicht alles beim ersten Hören vollständig hängenbleibt. Ich lerne oder verstehe beim zweiten Hören deshalb immer noch irgendetwas Neues. Und vor allem: Die Geschichten sind so schön erzählt, dass man sie auch einfach ein zweites Mal hören kann!

  3. Manfred Polak sagt

    Moin!

    Es gab in der Tat (mindestens) zwei Jahre ohne Sommer. Meistens meint man mit diesem Begriff 1816, das Jahr nach dem Ausbruch des Tambora:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Jahr_ohne_Sommer

    Was 1783 betrifft, legt zumindest Wikipedia den Fokus nicht auf den Sommer, sondern den Winter 1783/84:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Winter_1783/84

    Was den nutzbringenden Umgang der Isländer mit dem Vulkanismus betrifft: Vor einiger Zeit hat man versehentlich eine Magmakammer angebohrt, die weiter nach oben reichte, als man dachte, und passiert ist – so gut wie nichts. Deshalb will man jetzt diese Kammer systematisch anbohren und dadurch die Geothermie auf ein neues Niveau heben. Schon erstaunlich.

    • Hallo Manfred, vielen Dank. In der Tat, ein Jahr ohne Sommer war 1783 nicht. Ich hatte diese Korrektur auch schon von anderer Stelle erhalten. Da werden wir noch drüber sprechen.

      • Manfred Polak sagt

        Jetzt müsste man nur noch wissen, wen und was Du (Grueni) meinst. Da Karls Antwort kurz und unspektakulär ist und ich zu der Sache mit dem Wetter zwei Links gepostet habe, rate ich mal, dass Du das mit der Magmakammer meinst. Das habe ich aus diesem Artikel:

        https://www.spektrum.de/news/magmakammer-bohrung-zum-mittelpunkt-der-erde/2206359

        Das war zunächst frei lesbar, wurde aber nach ein oder zwei Tagen zu einem Plus-Artikel, ist also jetzt hinter einer Abo-Schranke. Tja, Pech. Also aktuelle Quellen bitte selbst suchen!

  4. Grueni sagt

    Lustige Frage von Franzi, „war denn die Lava auch an den Dämmen dran“ ?
    Aber hallo, wenn man das ganze ein bisschen auch YouTube verfolgt hat, die Dämme waren der Hammer, die haben regelmäßig wirklich große Lavaflüße umgeleitet… im Vergleich zur „mal abwarten“ Haltung auf zB LaPalma haben die mehrfach sowohl Grindavik als auch die Blaue Lagune gerettet !

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