Im Jahr 1972 finden Kerntechniker an einer französischen Wiederaufbereitungsanlage ein merkwürdiges Material: Es wurde aus dem Uranerz einer Lagerstätte in Gabun hergestellt. Und dieses Uranerz ist deutlich abgereichert: Der Anteil des Isotops Uran-235 ist viel geringer als überall sonst auf der Erde, dem Mond oder den Planeten. Was hier fehlt, ist das spaltbare Material: Es ist jenes Uran-Isotop, das in Kernreaktoren und für den Bau von Atombomben verwendet wird. Was ist mit diesem besonderen Uran-Isotop passiert: Wohin ist es verschwunden?
Karl erzählt in der Folge die Geschichte des Naturreaktors von Oklo. Während der Entdeckung war die Existenz eines stabilen nuklearen Kettenreaktion in der Erdgeschichte zwar für denkbar, aber kaum für wahrscheinlich gehalten worden. Mittlerweile aber ist das Rätsel in weiten Teilen gelöst, wie genau sich Kernreaktoren an 17 verschiedenen Stellen im Gestein Westafrikas spontan bilden konnten. Seit dieser Nachweis erbracht wurde, gelten Naturreaktoren als geheime Kraft der Erdgeschichte. Möglicherweise haben wir ihr sogar unser Leben zu verdanken.
Weiterlesen bei RiffReporter
- Nach dem Putsch in Niger: Warum nun überall im Sahel Militärregimes herrschen
- Kernkraft und Krieg: „Risikopotenzial, das wir bisher nicht erlebt haben“
- Kosmisches Geschoss mit menschlichen Spuren?
Weiterführende Links
- Wir kommen live auf die Bühne! Franzi und Karl sind am 7. November 2023 um 18:30 Uhr im Universum Bremen zu Gast. Hier gibt es (noch) Karten. (Verschoben vom 10.10.)
- WP: Oppenheimer (Film)
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Quellen
- Alex Meshik: Natürliche Kernreaktoren, Spektrum der Wissenschaft 6/2006
- Fachartikel: Laurence Coogan & Jay Cullen: Did natural reactors form as a consequence of the emergence of oxygenic photosynthesis during the Archean?, GSA Today (2009)
- Fachartikel: Davis, Gould & Sharapov: Oklo Reactors and Pmplications for nuklear science (2014)
- Fachartikel: Davis & Hamdam: Reappraisal of the limit on the variation in α implied by the Oklo natural fission reactors, Physical Review (2015)
- Fachartikel: Ebisuzaki & Maruyama: Nuclear geyser model of the origin of life: Driving force to promote the synthesis of building blocks of life (2016)
- Fachartikel: Groopman et al.: Discovery of fissionogenic Cs and Ba capture five years after Oklo reactor shutdown, PNAS (2018)
Episodenbild: Geysir: Dall‘e; Schild: Karl Urban
Liebe Astro-Geos,
bei der nötigen Größe des Naturreaktors geht es um die mittlere *freie Weglänge* der Neutronen, nicht die Wellenlänge. Ist der Reaktor kleiner, so fliegen die meisten Neutronen raus, ohne irgendwo zu resgieren.
Schöne Grüße,
Christopher
Dank, das stimmt! In dem Spektrum-Artikel, den ich als Quelle verwendet habe, steht es so:
„Das Uran-Lager muss größer sein als die mittlere Weglänge der für die Kettenreaktion erforderlichen Neutronen – rund 70 Zentimeter.“
https://www.spektrum.de/magazin/natuerliche-kernreaktoren/848860
Es ist also auch dort falsch, wenn dort auch nur das Wörtchen „freie“ fehlt. Die Wellenlänge eines Neutrons ist natürlich dagegen ziemlich winzig.
Hi, krasser Kram und sehr spannend!
Off-Topic zu den Verlinkungen der Riffreporter: Gabun liegt in keiner Definition, die ich schnell finden konnte, in der Sahel-Zone; daher mutet es etwas merkwürdig an, dass die Riffreporter da Content zu den politischen Verhältnissen in der Sahel-Zone verlinken, nach dem Motto „irgendwas in Afrika“. Ich mein, wenn Ihr Euch nun z.B. mit der Geologie der Pyrenäen beschäftigen würdet, würde doch wahrscheinlich auch kein Content zum Ukraine-Krieg verlinkt, oder? Nicht böse gemeint, just sayin‘. Keep up the good work!
Hallo Marcus,
danke für deinen Hinweis. Geografisch hast du selbstverständlich recht. Wir haben uns für den Link entschieden, weil wir auf die Afrikaberichterstattung auf RiffReporter hinweisen wollten. Denn in den Medien mangelt es daran. Dazu liegt Gabun zwar nicht im Sahel, gerade der Niger hat aber eine große Bedeutung für die französische Kernkraftindustrie. Insofern gab es schon eine Parallele zum Inhalt dieser Folge. 😉