Es war einmal: der Urknall. Nachdem unser Universum wohl irgendwie entstanden war und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herausgefunden hatten, dass es überhaupt einen Anfang gegeben hat, fanden sie auch heraus, dass die allerersten Elemente im Universum kurz nach dem Urknall entstanden sind, vor allem Wasserstoff und Helium. Doch wie ging es dann weiter?
Nun folgt das Ende des Anfangs: Es half dabei, dem Urknall-Modell zum wissenschaftlichen Durchbruch zu verhelfen. Dabei handelt es sich um ein Überbleibsel des Urknalls, das bis heute den ganzen Kosmos durchdringt – und dessen Entdeckung absoluter Zufall war: die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung.
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- Folge 94: Das Universum und sein Urknall – der Anfang des Anfangs
- Folge 98: Das Erbe des Urknalls: Wie die Materie in unser Universum kam
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- spektrum.de: Das Universum, noch warm vom Urknall (2022)
- Hörempfehlung: Podcast „Jetzt mal ganz in Ruhe“
Quellen
- Buch: Joseph D’Agnese – The Scientist and the Sociopath (2014)
- Buch: Ralph Alpher, Robert Herman – Genesis of the Big Bang (2001)
- Buch: Helge Kragh – Cosmology and Controversy: The Historical Development of Two Theories of the Universe (1996)
- Buch: Conceptions of Cosmos: From Myths to the Accelerating Universe: A History of Cosmology (2006)
- Blog-Artikel: My Unpublished Interview with Astronomer Vera Rubin (2017)
- Fachartikel: The Evolution of the Universe (1948)
- Fachartikel: Evolution of the Universe (1948)
- Fachartikel: Remarks on the Evolution of the Expanding Universe (1949)
- Fachartikel: A Measurement of Excess Antenna Temperature at 4080 Mc/s (1965)
- Fachartikel: Cosmic Black-Body Radiation (1965)
Episodenbild: ESA and the Planck Collaboration
Vera Rubins Doktorvater war George Gamow, und der hat auch nie den Nobelpreis gewonnen, obwohl er ihn verdient gehabt hätte (schon allein für die Erklärung des Alphazerfalls, unabhängig von der ganzen Urknallgeschichte).
Karl hat vermutlich Vera Rubin mit Jocelyn Bell verwechselt, was den nicht erhaltenen Nobelpreis betrifft. Hier hat den Preis wirklich der Doktorvater (Antony Hewish) eingesackt.
Da hast du recht.
Liebe Franziska, lieber Karl, grandiose Trilogie, die ihr da abgeliefert habt 👍. Erstklassige historische Recherche und sehr unterhaltsam! Also sehr gute Hör- Literatur und ich würde euch dafür den Literatur Nobelpreis wünschen!
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie lehrreich solche historischen Wissenschaftsrecherchen sind. Erst kürzlich habe ich eine angestellt über Element 42 und habe dabei erstaunliches gelernt. Ich liebe diese alten Geschichten und erfreue mich auch an den Anekdoten die man sich so erzählt. Ich habe auch eine ganz persönliche über ein Kaufzertifikat von Pechblende aus Braunschweig, der Madame Curie!
Macht weiter so in diesem Format und habt Spaß daran! Grüße aus Magdeburg 🖖
Ein paar Nitpickings. Karl hat irgendwann am Anfang gesagt, bevor das Universum durchsichtig wurde, sei es zappenduster gewesen. Nein. Die Sonne ist auch undurchsichtig und trotzdem nicht dunkel. Zum Beispiel war die Temperatur des Universums 10 Sekunden nach dem Urknall etwa 50 Milliarden Kelvin und Materie und Strahlung waren noch im Gleichgewicht (die Neutrinos waren nach 1 Sekunde schon abgekoppelt), d.h. es lag im Wesentlichen ein Planck-Spektrum vor. Sichtbares Licht ist bei einigen Tausend Kelvin im Maximum der Planck-Verteilung, bei einigen Milliarden Kelvin also im ganz niederfrequenten Bereich, wo die Energiedichte gut durch das Rayleigh-Jeans-Gesetz beschrieben wird. Ihre spektrale Intensität ist also proportional zur Temperatur und zum Quadrat der Frequenz. Eine ganz grobe Abschätzung würde also sagen, dass die Helligkeit im 10 Sekunden alten Universum bei den Wellenlängen, die die Sonnenoberfläche abgibt, etwa 50 Milliarden Kelvin/ 5500 Kelvin ≈ 900000 mal größer war als die Helligkeit der Sonnenoberfläche. Bei optischen Wellenlängen. Zappenduster würde ich das nicht nennen…
Franzi meinte einmal, dass die Wasserstoffatome in ihrem Körper durch primordiale Nukleosynthese entstanden seien. Knapp daneben. Das bisschen Helium, das sie vielleicht im Körper hat, ist zum Teil da entstanden (ein unbekannter Anteil auch in Sternen, die bei einer Supernovaexplosion Helium abgestoßen haben, das mit in die Gaswolke eingeströmt ist, aus der schließlich unser Sonnensystem entstand). Wasserstoffkerne sind Protonen. Die waren schon eine Zehntausendstelsekunde nach dem Urknall da. Zu synthetisieren gibt es beim Wasserstoffkern nichts, er besteht ja nur aus einem Proton. Na gut, Deuterium und Tritium sind Wasserstoffvarianten, die in jenen ersten 5 Minuten synthetisiert wurden (oder 3 Minuten, nach Steven Weinbergs berühmtem Buch).
Zweimal hat Franzi den heutigen Messwert für die mittlere Temperatur des Mikrowellenhintergrunds genannt, leider falsch als 2,78 K. Richtig wäre 2,728 K (laut Messung von COBE). In der deutschen Wikipedia steht auch noch ein nicht ganz richtiger Wert von 2,725 K.
Übrigens kann man diese Temperatur ohne irgendwelche Dichten von Strahlung oder Materie berechnen, wenn man weiß, dass der Zusammenschluss von Elektronen und Nukleonen zu Atomen bei einer Temperatur von etwa 3000 K stattfand. Denn es gilt einfach, dass das Produkt aus Strahlungstemperatur und Größenparameter des Universums (der sogenannte Expansionsskalar) unter der Ausdehnung des Kosmos konstant bleibt. Zur Rekombinationszeit war der Kosmos um einen Faktor 1100 „kleiner“ als heute, also muss die Temperatur des Strahlungshintergrunds von 3000K auf 3000 K/1100 = 2.727 K abgesunken sein…
Allerdings braucht man das Verhältnis von Strahlungsenergiedichte und Materieenergiedichte, um auf die 3000 K zu kommen. Hier ein paar Überlegungen dazu, denn man sollte sich schon fragen, woher diese Temperatur rührt. Was für Atome entstehen bei der Rekombination? Na, im Wesentlichen Wasserstoffatome, denn Heliumatome haben eine vierfach höhere Bindungsenergie, die existieren zum Zeitpunkt der Rekombination schon lange stabil, weil die Strahlung bei so niedrigen Temperaturen nicht genügend Photonen hinreichend hoher Energie liefert, die von Heliumatomen unter Ionisation, also Abgabe ihrer Elektronen, absorbiert werden könnten.
Beim Wasserstoff ist die Bindungsenergie im Grundzustand 13,6 eV. Um ein Elektronenvolt durch thermische Energie regelmäßig zur Verfügung zu stellen, bräuchte man eine Temperatur von 11600 K (k T = 1 eV, T = 1 eV/k = 11600 K). Damit die Energie von Photonen im Maximum einer Planck-Verteilung ein eV beträgt, bräuchte man eine Temperatur von ungefähr 56000 K. Wieso trat die Entkopplung von Materie und Strahlung also nicht schon viel früher auf, nämlich als alles noch eine Temperatur von 56000 K hatte? Weil die Photonen, die Elektronen von ihren Atomen trennen können, nicht aus dem Maximum der Verteilung kommen müssen, sondern aus ihrem hochenergetischen Schwanz kommen können. Damit Elektronen-Protonen-Paare sich nicht dauerhaft zu Wasserstoffatomen verbinden, muss die thermische Energiedichte pro potentiellem Atom ein Photon mit mindestens 13.6 eV Energie zur Verfügung stellen, das dann das Pärchen wieder trennt… Nun ist die Photonenzahldichte viel höher als die Baryonenzahldichte, etwa einen Faktor eine Milliarde. Es reicht also zur Verhinderung der Rekombination, wenn die Temperatur der Strahlung so hoch ist, dass ein Milliardstel der vorhandenen thermischen Photonen die Energie von 13.6 eV erreicht bzw. überschreitet. Das ist zwischen 56000 K und 3000 K noch der Fall, ab und unterhalb 3000 K nicht mehr.
Übrigens hätte man noch erzählen können, dass das Universum zum Zeitpunkt, als es durchsichtig wurde, in einem satten Orangeton geleuchtet hat.
War aber eine schöne Folge. Dass Robert Dicke selbst Messungen des Mikrowellenhintergrunds vorhatte, wusste ich nicht. Ich hielt ihn für einen reinen Theoretiker (Brans-Dicke-Theorie).
Sorry, die Temperatur von 56000 K entspricht nicht einer Energie von 1 Elektronenvolt im Maximum der Planck-Verteilung sondern von 13.6 eV. (Und man kommt nicht durch die einfache Rechnung 13,6 eV x 11600 K/eV drauf, weil das Maximum im Wienschen Verschiebungsgesetz noch einen Zahlenfaktor enthält.)
Zu den Nobelpreisen in der Physik: Es ist richtig, dass es öfter vorkommt, dass ein Theoretiker erst dann einen Nobelpreis erhält, wenn ein Experimentator ihn für ein kritisches Experiment erhält, das wesentliche Aspekte der betreffenden Theorie verifiziert hat. Das hat wahrscheinlich mit dem Nützlichkeitsaspekt zu tun, auf den Nobel bei der Preisstiftung Wert gelegt hat, dann auch damit, dass man sich wirklich sicher sein möchte, dass die Theorie nicht daneben liegt (besonders, wenn es eine „exotische“ ist, wie etwa anno dazumal Einsteins Relativitätstheorie, für die er den Preis nicht bekam), aber vielleicht auch damit, dass eben 90% der Physiker Experimentalphysik betreiben und mit dem Nobelpreis auch das Vorschlagsrecht für zukünftige Preisträger kommt.
Es gibt Ausnahmen. Ken Wilson hat den Nobelpreis für die Entwicklung der Renormierungstheorie für Phasenübergänge erhalten, also Theorie, aber vor allem Methodenentwicklung, also „praktische“ Theorie.
Higgs und Englert, beides Theoretiker, haben den Preis bekommen, nachdem das Higgs-Boson experimentell nachgewiesen wurde. Die Experimentatoren gingen leer aus, wohl weil es zu viele waren, um einen herauszupicken am CERN, aber vielleicht auch, weil hier klar war, dass das Experiment ausdrücklich darauf abhob, diesen Aspekt der Theorie zu bestätigen.
Als Genzel und Ghez das schwarze Loch im Milchstraßenzentrum vermessen hatten und dafür den Nobelpreis 2020 erhielten, hat man auch einen Theoretiker mit auf die Liste genommen, Roger Penrose, der relevante Theoreme aufgestellt hat (mit Hawking), aus denen zwingend folgt, dass ein Sternenkollaps unter gewissen Voraussetzungen zu einem schwarzen Loch mit einer Singularität im Innern des Ereignishorizonts führt. (Kerr behauptet, die Theoreme seien hinsichtlich der Krümmungssingularitäten falsch.) Allerdings weiß man nicht, ob Penrose den Preis bekommen hätte, wenn Hawking noch gelebt hätte, denn es darf in einem Jahr maximal drei Preisträger in einem Fach geben…
Das wäre auch ein Problem geworden, wenn man bei der Entdeckung des kosmischen Mikrowellenhintergrunds nicht nur die Experimentatoren hätte bedenken wollen, sondern auch diejenigen, die ihn vorhergesagt hatten. Denn mit Penzias und (Robert) Wilson hatte man schon zwei Preisträger ausgeguckt und dann hätte man sich zwischen Alpher und Herman entscheiden müssen….